SB 11

SB 11

Mit variabler Flügelgeometrie zur Weltmeisterschaft


Nach dem durchschlagenden Erfolg der SB 10 versuchte sich die Akaflieg an einer weiteren Herausforderung: der Realisierung einer variablen Tragflügelgeometrie. Während zu jener Zeit die Akaflieg Stuttgart an der Veränderung der Spannweite forschte und das Konzept mit der fs 29 verwirklichte, entschied man sich in Braunschweig für die Veränderung der Flügelfläche durch Herausfahren eines Flügelsegments – Fowlerklappe genannt – in Flügeltiefenrichtung. Diese Fowlerklappe mit integrierter Wölbklappe fährt aus dem hinteren Bereich des Flügels heraus, reduziert dadurch die Flächenbelastung und erhöht gleichzeitig den Auftriebsbeiwert durch eine deutlich erhöhte Profilwölbung. Dadurch kann mit der SB 11 sehr langsam und damit eng im Aufwind gekreist werden.

Da dabei nicht nur der Angriffspunkt der Luftkraft, sondern auch der Schwerpunkt wandert, stellte dieses Konzept Anforderungen, die weit über die mechanische Integration der spaltlosen Fowlerklappe mit anhängender Wölbklappe und der sehr komplexen Steuerung im Hauptflügel hinausgingen. Die konsequente Verwendung von den seit dem Bau der SB 10 verbesserten Kohlefasern und inzwischen erhältlichen dünnen Kohlefasergeweben ermöglichte die Verwirklichung dieses sehr komplexen Flugzeugentwurfes. Die SB 11 ist gleichzeitig das erste vollständig in CFK gebaute Flugzeug der Welt.

Um weitere Arbeiten minimal zu halten, wurde kein eigener Rumpf entwickelt, sondern auf die Rumpfform der ASW 19 zurückgegriffen. Bei der Firma Schleicher fertigten die Akaflieger während der Pfingstfeiertage in den, im Flügelansatzbereich modifizierten ASW 19‑Rumpfnegativformen, das SB 11‑Rumpfvorderteil aus Kohlefasermaterial. Die konische Rumpfröhre wurde in Eigenregie gebaut und das Seiten- und Höhenleitwerk wurde in Janus-Formen bei der Firma Schempp‑Hirth hergestellt.

Am 14. Mai 1978 flog die SB 11 zum ersten Mal über Braunschweig. Bereits zwei Monate später lieh sich der zweimalige Segelflugweltmeister Helmut Reichmann die SB 11 für die 16. Segelflugweltmeisterschaften in Chateauroux, Frankreich aus und bewies mit dem Sieg in der FAI‑15 m‑Klasse nicht nur sein eigenes Können, sondern auch die Richtigkeit des Konzepts der SB 11‑Entwicklung: Bei ausgefahrenem Fowler reduziert sich deutlich die Mindestgeschwindigkeit und ermöglichte so ein langsameres und engeres Kreisen als alle anderen Flugzeuge in der Thermik. Der im Kerngebiet der Thermik stärkere Aufwind kann so besser ausgenutzt werden. Im Geradeausflug wird der Fowler eingefahren, wodurch sich bei der dann höheren Flächenbelastung bessere Gleitleistungen bei höheren Geschwindigkeiten ergeben.

Obwohl die SB 11 mit den vielen Steuerelementen als relativ anspruchsvoll erscheint, überzeugt sie durch ihre unproblematischen Flugeigenschaften und die einfache und leichte Betätigung der Fowlerklappen. Allerdings ist einiges an Übung erforderlich, um den im SB 11-Konzept steckenden Leistungsvorteil auch herauszufliegen.

Nachdem im Winter 2001/02 bereits die Flügel umfassend überholt wurden, fand in den Jahren 2006 bis 2009 eine Grundüberholung des Rumpfes und der Steuerung statt. Seitdem ist die SB 11 wieder im Gruppeneinsatz und erfreut sich hoher Beliebtheit.

Technische Daten



Fowler eingefahren / ausgefahren

Tragfläche

Spannweite: 15,00 m
Flügelfläche: 10,56 m² / 13,20 m²
Flügeltiefe Wurzel: 0,80 m / 1,00 m
Flügeltiefe Spitze: 0,32 m / 0,4 m
Streckung: 21,31 / 17,05
V-Form: 2,6° (Holmmittellinie)
Pfeilung: 0° (1/4 Linie)
Schränkung: keine
Flächenklappentiefe: 25% / 20%
Profil: Wortmann FX-62-K-144/21 VG 1,25
Bremsklappen: Schmepp-Hirth, zweiteilig

Rumpf

Länge: 7,43 m
Breite: 0,64 m
Höhe: 0,74 m
Fahrwerk: einziehbar, ungefedert

Höhenleitwerk

Ausführung: pendel-T-Leitwerk
Spannweite: 2,70 m
Fläche: 1,24 m²
Streckung: 5,65
Profil: Wortmann FX L III-142 mod
Trimmung: Feder, automatisch

Seitenleitwerk

Höhe: 1,27 m
Fläche: 1,17 m²
Streckung: 1,38:
Profil unten: NACA 63 A-012

Massen

Fluggewicht: 470 kg
Rüstgewicht: 294,9 kg
Zuladung: 91,1 kg
Wasserballast: 105,1 kg
Flächenbelastung: 34,5–44,5 kg/m² / 27,5–35,6 kg/m²

Flugleistungen

Mindestgeschw.: 75 km/h / 58 km/h
Höchstgeschw.: 265 km/h / 130 km/h
Gleitzahl: 41,6 bei 96 km/h / 34 bei 78 km/h
geringstes Sinken: 0,65 m/s bei 90 km/h / 0,68 m/s bei 73 km/h